Die Proteste gegen die Polizeigewalt in Nigeria gehen vor allem von jungen Menschen aus. Für viele sind sie ein Hoffnungsschimmer, um die Perspektivlosigkeit vieler junger Nigerianer:innen anzugehen. Auch in Erfurt haben sich Menschen versammelt, um ihre Solidarität mit der nigerianischen Jugend zum Ausdruck zu bringen.


Micheal Weiland
Journalist @demo.report

Noah Berendt
Journalist @demo.report
Zwar sind nicht viele Menschen da, aber sie sind laut und bringen ihre Forderungen gut hörbar und lesbar zum Ausdruck. Fast jede:r trägt ein Plakat. „Unterstütze Nigerias Studierende im Protest gegen Polizeigewalt in Nigeria“ steht auf einem großen Blatt Papier gegenüber vom Erfurter Rathaus. Darunter gibt es bereits zahlreiche Unterschriften. Einer der Studierenden ist Raimi Afeez. „Wir sind hier um Solidarität mit den Protestierenden in Nigeria zu zeigen, weil wir selbst wegen der Situation unter Covid19 nicht dort sein können“, sagt er und verweist auf die aktuelle Lage in Nigeria. Seit dem 8. Oktober fordern dort Demonstrant:innen das Ende der Polizeigewalt durch die Spezialeinheit SARS. Die Polizeieinheit, die gegen Raubüberfälle eingesetzt werden sollte, ist für die Menschen vor Ort schon lange eine Gefahr. Amnesty International berichtet von schweren Menschenrechtsverletzungen und Folterungen.
In #Erfurt protestieren gerade ca. 30 Menschen vor dem #Rathaus gegen die teilweise tödliche #Polizeigewalt in #Nigeria gegen Demonstrant*innen und das Schweigen der #EU. Mindestens 69 Menschen sind bisher getötet worden. Die Proteste finden derweil weltweit statt: pic.twitter.com/N7aE5NytVD
— Noah Berendt (@NoahBerendt) October 24, 2020
„Sobald sie sehen, dass eine junge Person ein schönes Handy hat, gehen sie aktiv auf diese Person zu und fordern Geld. Wenn diese sich weigert, wird sie entweder erschossen oder gefoltert“, sagt Maryam. Sie ist kurz vor Beginn der Proteste nach Deutschland gekommen. „Ständig wird uns gesagt, so ist es halt in Nigeria, aber wir, die nigerianische Jugend, hat die Nase gestrichen voll und wir wollen uns das nicht mehr gefallen lassen.“ Es ist eine Protestwelle der jungen Generation. Sie erhebt die Stimme, die von der älteren Generation bereits durch Gleichgültigkeit ersetzt wurde. Sie habe sich daran gewöhnt.
Auch Ugoo Ezekoma, der an der Willy Brandt School of Public Policy in Erfurt studiert, hofft auf einer Veränderung in Nigeria durch die Proteste: „Wir haben gerade das Problem der Korruption und ein großes Problem in der Gesundheitsversorgung. Wenn die Proteste Erfolg haben, könnte sich wirklich etwas an der Situation ändern.“ Zwar ist in Erfurt nur eine Handvoll Menschen, vorwiegend aus der nigerianischen Community, zusammengekommen, aber ihr Protest ist entschlossen. Sie machen vor allem einander Mut, den sie im Hinblick auf die derzeitige Lage von Familienangehörigen und Freund:innen in Nigeria gut gebrauchen können. Viele sind froh, gerade in Deutschland zu sein, aber sie fühlen sich hier auch handlungsunfähig. Der heutige Tag lindert das Gefühl ein wenig. Zwar bleiben die Ängste vorerst bestehen, aber die Hoffnung auf einen Wandel in Nigeria wohl auch.